Über das Modellprojekt FAIRSTAGE

In den letzten Jahren gab es immer wieder öffentliche und interne Kritik am deutschen Theaterbetrieb: Vorwürfe über Machtmissbrauch und rassistische Vorfälle, aber auch Debatten um Ausfallhonorare oder Nicht-Verlängerungen boten in der jüngsten Vergangenheit immer wieder dazu Anlass. Gleichzeitig existieren bereits eine große Menge an Veränderungsvorschlägen und Initiativen.

In der Kulturstadt Berlin besteht durch die große Zahl sehr unterschiedlich organisierter Bühnen ein hohes Erfahrungswissen zu Organisationsformen und Arbeitsmodellen. Zahlreiche Künstler*innen und Backstage-Arbeiter*innen interessieren sich für strukturelle Fragen und engagieren sich für Veränderung.
Die Umsetzung dieser Vorschläge und Forderungen ist ein notwendiger Schritt, um die Veränderungen in Gang zu setzen. Es bedarf der Adressierung konkreter Zuständigkeitsebenen sowie eines möglichst breiten Prozesses der Konsensfindung mit allen Beteiligten. Ausgehend von diesen Überlegungen initiierten Diversity Arts Culture, das ensemble-netzwerk und der LAFT Berlin gemeinsam das Berliner Modellprojekt FAIRSTAGE, das durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt gefördert wird.
Darüber hinaus leisten die kulturpolitischen Verbände und Zusammenschlüsse bereits bemerkenswerte Arbeit, was die Ausarbeitung von Strukturanalysen des Theaterbetriebs wie auch Maßnahmen zu seiner Verbesserung betrifft. Somit liegt eine Bandbreite an diversen Positions- und Forderungspapieren sowie innerbetrieblichem Know-How für eine diskriminierungskritische Arbeitspraxis vor.

Ziel von FAIRSTAGE sind diskriminierungsfreie und gute Arbeitsbedingungen für alle festen und freien Mitarbeiter*innen an öffentlich finanzierten Berliner Theatern. Darüber hinaus werden Empfehlungen für die Berliner Theater in privater Trägerschaft ausgesprochen.
FAIRSTAGE sammelt und kuratiert die entwickelten Inhalte und Formate, um sie in bereits bestehende, dauerhafte Strukturen zu implementieren. Eine zugängliche Datenübersicht der aktuellen Situation an den Berliner Bühnen, die sich intersektional auch mit den verschiedenen Diskriminierungsformen und -fällen auseinandersetzt, ist in der Entstehung. Wissenstransfer wird aktiv und nachhaltig unterstützt.
Spezifische Weiterbildungs-, Qualifizierungs- und Austauschangebote zu Themen wie der Verbesserung des eigenen Arbeitsumfelds oder Weiterentwicklung der Betriebsstrukturen werden mit Empowerment-Strategien zur Stärkung von marginalisierten Künstler*innen und Akteur*innen zusammengedacht und umgesetzt. FAIRSTAGE bündelt damit die Kräfte diverser Bemühungen und funktioniert als Inkubator von Veränderungsbestrebungen.
Die Einbindung der einzelnen Kultureinrichtungen sowie Partnerorganisationen wie dem Deutschen Bühnenverein, der GDBA oder Verdi zeichnet das Besondere dieses Modellprojekts aus: Wissen wird für die Fachöffentlichkeit gebündelt und FAIRSTAGE agiert als Anlaufstelle mit Verweiskompetenz. Der Impuls, die Szene diskriminierungsfrei und fair zu gestalten, liegt bei den Akteur*innen. Langfristig wird erwartet, dass alle Organisationen sich selbst zu einer fairen und diskriminierungsfreien Arbeit verpflichten und entsprechend agieren.

In der ersten Projektphase im Sommer 2021 erarbeiteten institutionell geförderte Bühnen, konzeptgeförderte Ankerinstitutionen der freien Szene sowie Vertreter*innen von Verbänden, Initiativen und zivilgesellschaftlichen Zusammenschlüssen in einem Beteiligungsverfahren erstmalig zusammen einen Maßnahmenkatalog, der Handlungsempfehlungen klar an die unterschiedlichen Zuständigkeitsbereiche adressiert. Nach einer Projektphase baut FAIRSTAGE seit September 2022 in der zweiten Projektphase auf diesem Maßnahmenkatalog auf, begleitet die Umsetzung einzelner Maßnahmen und setzt eigene Beiträge um. In einem dreijährigen Prozess (bis 2025) werden die oben bereits genannten inhaltlichen Handlungsebenen miteinander verknüpft.

Über FAIRSTAGE als PDF: